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Im März 2019 beschlossen 27 Jurastudent:innen der University of the South Pacific gemeinsam eine Kampagne zu organisieren, um eine völkerrechtliche Verpflichtung zur Bekämpfung des Klimawandels zu schaffen. Im ersten Schritt setzen sie sich das Ziel, das Pacific Island Forum[1] davon zu überzeugen sich mit diesem Anliegen an den Internationalen Gerichtshof (IGH) zu wenden. Aus dieser Idee wurde eine große Kampagne, welche mittlerweile von vielen Menschen, die auf den pazifischen Inseln leben, unterstützt wird.
Ziel der Student:innen war es, dass der IGH sich mit dem Klimaschutz aus einer Perspektive des internationalen Rechts auseinandersetzt und sich daraus ein internationaler Maßstab für Klimaschutz entwickelt, an welchen sich die Staaten, die die Jurisdiktion des IGH akzeptieren, halten müssen. Darüber hinaus möchten die Student:innen junge Menschen über den Klimawandel aufklären und sie motivieren sich ebenfalls für Klimaschutz zu engagieren. Dabei sind die Zielgruppe der Student:innen vor allem die jungen Bewohner:innen der pazifischen Inseln. Denn die Inseln im Südpazifik sind bereits jetzt von den Folgen des Klimawandels betroffen. Der Anstieg des Meeresspiegels führt zu Überschwemmungen und die Bewohner:innen sind von starken Stürmen sowie Hitzeperioden und Dürre betroffen. Die Bedrohungslage, die von den Folgen des Klimawandels ausgeht, wird bereits jetzt dort besonders deutlich.
Nachdem das Pacific Island Forum der Forderung der PISFCC nachgekommen war und sich ebenfalls für ein Gutachten (Advisory Opinion) des IGH ausgesprochen hatte, wurde die Kampagne in New York vor der UN-Generalversammlung weiterverfolgt. Dort wurde eine Resolution ausgearbeitet, welche am 29. März 2023 von der UN-Generalversammlung einstimmig verabschiedet wurde und den IGH zur Erstellung eines Gutachtens aufforderte. Der IGH sollte sich damit auseinandersetzen, inwiefern eine staatliche Verpflichtung hinsichtlich der Bekämpfung des Klimawandels besteht.
Ab diesem Punkt an begann die Arbeit am IGH und die Verhandlungen starteten. Zu den Anhörungen reisten auch Vertreter:innen der PISFCC an und bekamen die Gelegenheit vor den Richter:innen ihre Geschichte zu erzählen. Auch um die Verhandlungen herum organisierte die Organisation von den pazifischen Inseln Veranstaltungen, um darüber zu informieren, warum ihre Heimat, der Pazifik, besonders vom Klimawandel betroffen ist und gaben dadurch vielen vom Pazifik stammenden Menschen eine Stimme.
In ihrem Gutachten stellen die Richter:innen des IGH fest, dass Staaten dazu verpflichtet sind, Maßnahmen zur Begrenzung des menschengemachten Klimawandels zu ergreifen. Das Gericht benennt zudem das Recht auf eine saubere Umwelt als Menschenrecht, da es die Grundlage dafür sei, dass andere Rechte wie das Recht auf Leben überhaupt in Anspruch genommen werden könnten. Das Gutachten stellte zudem fest, dass nicht nur internationale Abkommen wie das Pariser Klimaabkommen eine Rechtsgrundlage bilden, sondern auch das Völkergewohnheitsrecht Staaten dazu verpflichtet, Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels zu ergreifen. Dabei ist das völkerrechtliche Schädigungsverbot zentral. Das bedeutet, dass kein Staat einen anderen Staat erheblich schädigen darf. Das Besondere an dieser gewohnheitsrechtlichen Verpflichtung ist, dass sie alle Staaten verpflichtet und nicht nur diejenigen, die Klimaabkommen ratifiziert haben. Die USA sind beispielsweise nicht mehr Partei des Pariser Klimaabkommens. Ihre rechtliche Verpflichtung zur Bekämpfung des Klimawandels lässt sich nun aber aus dem Völkergewohnheitsrecht ableiten. Für den Fall, dass Staaten ihrer Pflicht nicht nachkommen, können sie auch zur Wiedergutmachung verpflichtet werden. Das gilt zwar nur, wenn das Verhalten auch kausal und dem Staat zurechenbar ist, jedoch können kleinere Staaten nun Wiedergutmachung von großen Industriestaaten fordern und gegebenenfalls sogar Entschädigungsklagen erheben.
Zunächst bedarf es bei einer Kampagne wie der #ClimateICJAO campaign finanzieller Ressourcen. Die Student:innen aus dem Pazifik haben ihre Kampagne vor allem durch ihre Partner:innen vor Ort finanziert. Das sei nicht immer leicht gewesen, sagt Sepasitiano Patelisio, Vize-Präsident der PISFCC, doch jede finanzielle Unterstützung sei eine Erinnerung an die Menschen, die das Projekt unterstützen, und ihren Zusammenhalt vor Ort gewesen.
Von großer Bedeutung für den Erfolg der Kampagne war auch die Zusammenarbeit mit den Professor:innen und Mitarbeiter:innen der University of the South Pacific. Dabei haben die Professor:innen ihr Wissen weitergegeben, die Student:innen beraten und ihnen dabei geholfen den richtigen Weg zu finden. Die Student:innen waren dafür verantwortlich diese Dinge mit Motivation und Ehrgeiz umzusetzen. Daran lässt sich schön sehen, wie Lehrende und Studierende sich gegenseitig bereichern können und jede:r seine Stärken und Erfahrung gewinnbringend einbringen kann.
Auf die Frage hin, welche 3 Faktoren am wichtigsten waren um das Ziel der Kampagne zu erreichen, nannte der Vize-Präsident der PISFCC folgende Punkte:
Auch wenn sie das Ziel ihrer Kampagne erreicht haben, ihre Arbeit ist noch nicht getan und fängt jetzt erst richtig an. Denn jetzt gilt es sicherzustellen, dass die Pazifischen Inselstaaten das IGH-Gutachten in nationale Richtlinien umsetzen und gemeinsam einen Plan für die Einhaltung der Klimaschutzziele entwickeln. Außerdem wollen die Student:innen aus dem Pazifik sich weiterhin für eine globale Einhaltung des 1,5 Grad-Ziels einsetzen. Denn die Zukunft der Inselstaaten und auch des Rests der Welt hängt nicht nur von lokalem, sondern von globalem Engagement ab.
Auf die Frage, was der Erfolg ihrer Kampagne für die Bedeutung von studentischem Engagement aussagt, sagt Vize-Präsident Patelisio: “It has shown us that youth have the power to achieve change where international institutions often fall short. Unlike bureaucratic systems bound by hierarchy and rigid processes, youth movements can be agile, inclusive, and bold. Of course, there are always setbacks and opposition, but when young people unite local movements with a global vision, transformative change becomes possible.”
Das Engagement der Student:innen von den pazifischen Inseln verdeutlicht eindrucksvoll, wie junge Menschen die Entwicklung internationaler Normen beeinflussen können. Ausgehend von einer Community, die sich das Ziel setzte, Staaten rechtlich zum Klimaschutz zu verpflichten, gelang es ihnen, ihre Stimmen bis vor das höchste internationale Gericht zu tragen. Mit der Unterstützung des Pacific Islands Forum brachten sie ihr Anliegen erfolgreich vor die Vereinten Nationen und stießen damit einen Prozess an, der das Völkerrecht nachhaltig prägen könnte.
Das Gutachten des Internationalen Gerichtshofs stellt einen historischen Schritt dar: Es stärkt die Verankerung von Klimaschutz im Völkerrecht, indem es die Verantwortung der Staaten im Umgang mit den Folgen der Klimakrise klarer bestimmt. Auch wenn abzuwarten bleibt, wie die Staatengemeinschaft diese Vorgaben praktisch umsetzt, hat das Engagement der Studierenden eine neue Dimension rechtlicher Verbindlichkeit in die Klimadebatte eingebracht. Damit haben sie nicht nur einen wichtigen Erfolg für Klimaaktivist:innen erzielt, sondern auch einen Impuls für die Weiterentwicklung des internationalen Rechts gesetzt.
Wir bedanken uns beim Team der PISFCC für die Beantwortung unserer Fragen. We thank the PISFCC Team for answering our questions!
Mehr Informationen zur Arbeit der Student:innen gibt es auf der Website der PISFCC.
[1] Das Pacific Islands Forum ist ein Zusammenschluss von 18 Staaten, die im Pazifik liegen. Gemeinsam treffen sie sich, um über die Zukunft der Staaten zu beraten und gemeinsame Maßnahmen zu beschließen, beispielsweise zum Klimaschutz. Durch die Kooperation der Staaten soll sichergestellt werden, dass die Bewohner:innen des Pazifiks ein gesundes und freies Leben führen können.
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